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Ehe ist nur ein Wort ... Quark auch.
Briefe an Helga

Meine liebe Helga, eigentlich bin ich nach unserem letzten Telefongespräch eine Spur beleidigt. Aber jetzt, nach einer durchgeschlafenen Nacht, muss ich eingestehen: Du hattest recht. Wenn ich überhaupt noch „Einen“ abkriegen möchte und nicht als Single im Seniorenheim oder jämmerlich in der Krempelgruft landen will, muss ich etwas unternehmen. Als Erstes beschloss ich heute Morgen, mir ein Benimmbuch zu kaufen und natürlich auch zu lesen. Bei meiner großen Gusche und der Angewohnheit straight ahead die Wahrheit zu sagen, scheuche ich jeden Gentleman aus dem Haus. Ich muss lernen, wie man mit Hausangestellten umgeht und keine übertriebenen Scherze mit „ihm“ treiben. Ja, ja ... ich weiß! Ich neige zum Sarkasmus. Daran mag es liegen, dass keiner es tatsächlich mit mir aushält ... außer meinem Kater Fritz. Ich ahne durchaus, wie Frau sich benimmt. Das Besteck beim legendären Abenddinner bewältigt man von außen nach innen. Die Serviette gehört dezent auf den Schoss und nicht in den Ausschnitt und Suppentassen führt Frau nicht direkt an den Mund. Und ... was nützt mir das jetzt? Was mir echt fehlt, ist die Konversation ... Small Talk eben. Mal für Mal vom Wetter schwätzen, von Pflanzen aus meinem Garten berichten … das ist langweilig. Möglicherweise kannst du mir einen Rat geben. Den ganzen Tag besprichst du deinen Willy ... oder habt ihr euch nichts mehr zu sagen? Du bist der Meinung, es gäbe keine größere Seligkeit auf Erden als eine Ehe mit erkämpftem Glück und keine Erfüllung, die nicht dem Leid abgerungen wurde. Ich kämpfe bereits und leide vor mich hin.
Singlebörse ... du schlägst mir tatsächlich eine Börse, in denen Alleinemenschen Liebeskummer suchen, vor. Nein ... das hätte ich nicht von dir gedacht. Das scheitert bei mir ohnehin an einem aktuellen Lichtbild in Frontalaufnahme. Mein letztes Foto ist zehn Jahre alt und mit einem Bearbeitungsprogramm auf Topmodel getrimmt. Des Weiteren ich bin nicht bereit, Angaben über Sparbücher, Alter, Gewicht zu machen. Das erste Treffen ... stelle ich mir furchtbar vor. Mutti oder die Nachbarin darf ich nicht mitnehmen. Zu allem Überfluss bleibt mein Bewährungshelfer ebenfalls außen vor. Bezahlt zur Nachtzeit der angepeilte Geschlechtspartner die Restaurantrechnung nicht (du weißt, was ich wegfuttern kann) oder fordert einen sofortigen Vollzug der Beiwohnung, wäre der Ofen bei mir aus. Na ja. Eines Tages werde ich meine Augen in die Runde werfen. Vielleicht läuft mir zufällig einer ins Fahrrad.
Ganz liebe Grüße für heute. Mache es gut.
Bis zum nächsten Brief ... dein Lenchen

Moin Helga,
also das schlägt dem Fass echt den Boden aus. Dein Wilhelm!!!! Wollte eine Dessous-Party organisieren? Dein Willy? Ich glaube es nicht. Jo ... garantiert verstehe ich dich. Da bin sogar ich sprachlos und habe einige Fragen. Woher, zum Beispiel, kennt er so viele Mädels, deren Figuren für eine Dessous-Party geeignet sind? Hat er schlagartig keine Lust mehr auf Schießer Unterbüxen und Hüfthalter? Woher ist ihm dieser „Schweinkram“ in Sachen Dessous bekannt? Holla, habe ich ihm gar nicht zugetraut. Na denn, jedem die zweite Chance. Ich dachte stets, wenigstens du bist fit in Sachen BH und Co. Du berichtest, Willys Freund Gerhard hätte ihm solcherart Party zum Auffrischen eurer Beziehung empfohlen. Gerade Gerhard, der ist doch so was von staubtrocken und beziehungslos. Glaube den beiden nie nicht. Okay ... Träger von Hüfthaltern gehören einer anderen Evolution an und sind mittlerweile ausgestorben. Aber jahrelang haben deine weißen BHs gute Dienste geleistet. Nun ist alles für die Katz? Du liebe Güte. Garantiert will er einzig und allein das Nützliche mit dem Angenehmen verbinden ... das ist schon fast eine Verleitung zum Beischlaf. Wer eine Unbescholtene (das bist du doch??) zur Gestattung des Beischlafs durch Erregung oder Ausnutzen eines Irrtums verleitet, wird bestraft. Die Besamungserlaubnis ist zumindest bei der beizuwohnenden Frau vorab zu beantragen. So ... und das bringst du deinen Willy fix bei!!
Ganz ehrliche herzlichste Grüße sendet das ratgebende Lenchen an die verführte Helga

Meine Liebe,
ach, was war das neulich nett bei dir im Garten. Der Herr des Hauses schwirrte ab und wir beide genossen seinen Garten einmal rundherum. Was haben wir gesüffelt?! Zum Energietanken ein Glas Wasser nach dem anderen. Könnte auch Prosecco gewesen sein. Jedenfalls hatte ich auf dem Weg ins Hotel mächtig gewaltig Kopfschmerzen. Unser liebstes Thema: Früher! Also, quasi Steinzeit aus unserer Sicht. Weißt du noch?
In jenen Tagen steckten wir nicht in den Fesseln einer Beziehung. Du dann schließlich eher als ich und vor allen langlebiger. Hast bald Silberhochzeit. Nee, das schaffe ich mit beinahe zweiundsechzig nicht mehr. Was haben wir anno Tobak für Vitamine weggeschlabbert. Gekühlter Apfelkorn aus selbst geernteten Flaschen. Oder die Sache mit dem Pernod / Cola. Zähneputzen am nächsten Morgen war nicht drin.
Grusel! Heute würde es besser klappen mit Pernod und so. Zähne rein ins Glas und Kukident hinterher. No Problemo. Unter der Discokugel tanzten wir „Moviestar“ mit knackengen Jeans. Mit durchsichtigen Blusen verzauberten wir die männlichen Herrlichkeiten. Alles vorbei. Ende! Aus!
Versuche heute einmal eine knallenge Jeans anzuziehen. Derart viel Bauchansatz kannste gar nicht reindrücken. Und durchsichtige Blusen? Okay ... nachts, wenn alles schläft. Anno tuck haben wir in der knappen Freizeit brav Macrameehängeampeln für die Aussteuer geklöppelt. Da war die Welt noch rosarot.
Best wishes (denke just an deinen Englischkurs)
Your lovely Girlfriend Lenchen

Liebste Helga,
ungelogen ... es ist immerfort aufs Neue komisch, wenn du über deine Beziehungsprobleme mit Willy erzählst. „Sonst ist bei uns alles Okey-dokey", behauptest du, nachdem du mir alle deine Sorgen ins Ohr geflüstert hast. Ja, ja, das ist wie der Witz kürzlich, den ich schon dreimal gehört hatte. Das letzte Mal, als du diesen Satz aussprachst, hattest du vorher Willy die geerbte Vase von Schwiegermutti hinterhergeworfen. Du wolltest ihn eigentlich nicht treffen. Eigentlich! Okay, eins verstehe ich jetzt. Wenn du tobst und brüllst, hat das absolut null mit deiner Beziehung zu tun. Gestern traf ich, nach langer Zeit, mal wieder Ursula beim Einkaufen. Du weißt doch ... Ursula, die mit dem Steuerbeamten. Total verheult stand sie in der Gemüseabteilung vor mir. Und das lag nicht an ihren eingekauften Zwiebeln. Angeblich ist er im Büro fremd gegangen und so! Meine erste Frage war logischerweise: “Sonst ist eure Beziehung aber paletti!? Im Falle eines Falles: Wer kriegt die Katze?“ Kreischend ließ sie mich mitten im Aldi stehen. Weiber! Weiß gar nicht, was sie auf einmal hatte. Diese negativen Emotionen, nee wirklich. Und überhaupt ... hat sie ihren Steuerfuzzi bei der Ausübung des Geschlechtsverkehrs im Büro auf frischer Tat angetroffen? Woher stützt Ursula ihr Wissen? Überwacht sie jeden seiner Gänge? Na ja, war bloß ein Tatverdacht. Im Fall der Fälle könnte sie ihm elektronische Fußfesseln anlegen. Mit Fernbedienung und spontan auslösbaren Stromstößen. Ich wäre dafür.
Tschüss und mach et jut.
Lenchen aus den Bergen

Meine beste Freundin,
neulich hinterfragtest du in deinem Brief erneut den Vorteil meines Einzeldaseins. Nach längerer kurzer Überlegung hier mein waghalsiger Versuch einer Rückantwort zu diesem humorlosen Thema: Ich brauche nicht die Nächte durch heulen, weil ich „ihn“ in einem mörderischen Unfall verwickelt sehe, obwohl „er“ mit Jupp in der Nachbarskneipe sitzt und wieder nicht nach Hause findet. Habe es nicht mehr nötig, mich mit Make-up zu bepinseln, falsche Wimpern anzupappen, knöchelschädliche High Heels zu tragen, in viel zu engen Klamotten an seiner Seite zu stehen. Du fragst, warum ich zu keiner Zeit geheiratet habe? Ich ergötze mich täglich an meinem Haustier Kater Fritz. Der erfüllt, so gut wie den gleichen Zweck wie ein Ehemann. Kommt zur Nachtzeit nach Hause, verlangt täglich Leckerlis, kuschelt ausschließlich, wenn er will.
Weißt du ... das Weib an sich, bleibt ohne Schuld allein. Indes ist das Leben für sie nicht nutzlos. Todsicher ist die Zahl der wertvollen Damen, die ohne Beziehung bleiben, weit größer als die Zahl der Alleinemänner. Ich vermag gleichwohl ohne Partner in den weitaus meisten Fällen sehr Nützliches zu leisten. Die treue Arbeit am Herde blieb mir versagt. Trotzdem leiste ich für die Menschheit durchaus selbstlose Hilfe. Lebte ich bei den Eskimos, wäre ich garantiert früher oder später verheiratet. Dort ist es schlicht zu kalt für einzeln und so. Die Führung des Haushaltes im Iglu ist schwer, da es an weiblichen Kräften fehlt. Auf unserem Breitengrad kann ich mich bei gebotenen Gelegenheiten einfach nicht entschließen. Mein feines Empfinden gehorcht einer mahnenden Stimme der Natur. Ich habe es nicht nötig, wie du, Reizgas, Baseballschläger und Äxte bereitzuhalten, sollte erneut ein Ehestreit durchgeführt werden. Brauche keine Schwiegermutti als Geisel einsetzen, um durch die Drohung mit deren Tod oder schwerer Körperverletzung derselben Zugeständnisse zu erpressen.
Ist es nicht unkompliziert schön, mit Wärmdecke, Weinflasche, Wolldecke und Omas gestrickten Socken in den Federn zu liegen, solange bis der Postmann klingelt? Ich schwimme in der Badewanne, bis meine Haut die ersten Runzeln zeigt. Okay, die zeigen sich sogar ohne Badewasser, hast recht. Ich stehe nicht mehr im Zentrum der Beobachtung bei den Männlichkeiten. Außer bei meinem Kater Fritz. Aber nur da er Leckerlis erwartet. Typisch Kerl. Ich verwalte mein überzogenes Konto eigenhändig und rolle allein mit meinem neuen Hackenporsche einkaufen. Es waltet eben überall eine ewige Gerechtigkeit, wenn auch viele Männer sie nicht sehen.
Cheerio, meine Liebe, bis bald. Wir hören uns. Und bedenke, wer von Beziehungen ausgeschlossen ist, ist es noch lange nicht vom Glück des Lebens.
Heute einfach nur Lenchen

Edith Jürgens

Hauptstraße 61 b
06502 Thale - OT Friedrichsbrunn

 

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E-Mail: edith.juergens[a]gmx.net